Fußballtechnisch steht die Europameisterschaft der Frauen gerade sehr im Fokus. Neben diesen großen Turnier findet vom 23. bis 28. Juli ein ebenso interessantes und spannendes in Berlin statt. Unter dem genannten Motto treffen sich 8 Mannschaften aus unterschiedlichen Ländern um miteinander Fußball zu spielen. Ladykick sprach mit den Verantwortlichen von DISCOVER FOOTBALL über diese besondere Idee.

Turnierplakat (Quelle: DISCOVER FOOTBALL)
DISCOVER FOOTBALL entstand ja aus der Idee gegen die Iranische Nationalmannschaft zu spielen. Es gab dazu einen Dokumentarfilm „Football Under Cover“. Wie wurde aus dem einen Spiel ein ganzes Turnier?
2006 sind ein paar Berlinerinnen, die bei Al Dersimspor gekickt haben, in den Iran gefahren, weil sie gehört hatten, dass es dort eine Nationalmannschaft gibt, die noch nie ein Spiel öffentlich bestreiten durfte.
Sie hatten sich in den Kopf gesetzt, dass sie das gerne initiieren würden, und bis zuletzt stand auf der Kippe, ob es überhaupt klappen wird. Als es dann wirklich funktionierte, war es eine so unglaubliche Erfahrung. Einerseits, dass man mit Fußball so viele Grenzen überwinden kann, und das Unmögliche möglich machen kann.
Aber auch zu erleben, wie empowered das für die Frauen war. Für sich selbst, aber auch für die Iranerinnen. Das Gemeinschaftsgefühl, das da entsteht, setzt Kräfte frei.Du gehst da raus und denkst wow, jetzt kannst du alles bewegen.
Natürlich sollte auch ein Rückspiel in Berlin stattfinden. Es war alles organisiert und in letzter Minute durften die Iranerinnen doch nicht ausreisen. Da hat man sich eben damals gedacht, wenn dieses Spiel nicht stattfinden kann, dann machen wir ein anderes größeres oder gleich ein ganzes Turnier und laden Teams aus der ganzen Welt ein. Als nächster Schritt wurde der Verein Fußball und Begegnung e.V. gegründet. Und so entwickelte sich alles mit dem Ergebnis, dass 2010 dann wirklich das erste Turnier stattfand.
Bei eurem zweiten Turnier 2011 hattet ihr große Aufmerksamkeit. Schließlich war Deutschland Gastgeber der WM. Denkt ihr, dass diese wieder zurückgegangen ist?
Das ist schwer zu sagen. Die WM 2011 hat uns natürlich große Publicity gebracht, schließlich waren wir damals auch eine ganz neue Initiative. Seitdem ist die mediale Aufmerksamkeit und unsere Sichtbarkeit aber nicht weniger geworden. Wir haben inzwischen viel mehr Projekte gemacht, Kontakte geknüpft und haben uns auch dadurch etabliert.
Wir werden seit jeher von Dr. Theo Zwanziger unterstützt, er wird auch Gast beim Turnier sein. Auch Steffi Jones ist noch mit im Boot. In diesem Jahr kann sie allerdings nicht zu unserem Turnier kommen, da sie natürlich bei der EM in Schweden sein wird.
Es bleibt indes abzuwarten ob das medien-, als auch das sportpolitische Interesse am Frauenfußball allgemein bestehen bleibt oder wieder zurückgeht, jetzt nach 2011.
2011 verschwanden von eurem Turnier 14 Spielerinnen aus Afrika. Wie waren die Reaktionen darauf, habt ihr negative Presse bekommen? Und hat sich etwas an euren Einladungskriterien geändert?
Auf gar keinen Fall wollen wir die Einladungskriterien ändern. Pauschalurteile über bestimmte Länder wollen wir nicht fällen. Schlechte Publicity hatten wir direkt nicht aber wir fanden es sehr erschreckend, wie viele Medien sich auf das Thema gestürzt und es zerrissen haben.
Auch die Art und Weise wie über die Frauen geredet wurde, denen wurden Dinge unterstellt von HIV bis hin zur Prostitution. Alles reine Unterstellungen. Es hat uns sehr erschreckt wie negativ die Medien darauf reagiert haben. Das hätten wir uns natürlich anders gewünscht.
2012 fand kein Turnier statt. Welche Gründe hatte das?

Bustour 2012 (Quelle: DISCOVER FOOTBALL)
Da waren wir selbst auf Tour. Wir wollen das Turnier jetzt generell alle 2 Jahre veranstalten, um mehr Platz für andere Projekte zu haben. Wir haben uns 2012, weil ja die EM so schön nah war, selbst auf den Weg gemacht, um die Länder zu erkunden, um herauszufinden, wie der Frauenfußball dort aussieht.
Mit Partnern vor Ort haben wir Turniere und Podiumsdiskussionen organisiert. Darüber hinaus hatten wir eine Ausstellung dabei. Es war ein schönes Erlebnis, da wir dort viele interessante Spielerinnen kennengelernt haben.
Beim diesjährigen Turnier sind vor allem arabische Teams dabei. Absicht oder Zufall?
Dieser regionale Schwerpunkt ist Absicht. Die Idee ist entstanden als sich die politischen Umbrüche dort abgezeichnet haben. Wir hatten das vorher noch nie gemacht und wollten es einmal ausprobieren.
Es bot sich ebenfalls an, da in der deutschen Gesellschaft ein großes Interesse an diesen Ländern herrscht, aber auch um die Frauen dort zu stärken. Oftmals sind es die Frauen, die in schwierigen politischen Situationen zu kurz kommen oder in die Marginalität gedrängt werden. Daher ist es auch unsere Absicht die Frauen zu vernetzen und zu stärken.
In Ägypten finden ja momentan wieder zahlreiche Proteste statt. Wird die Mannschaft trotzdem anreisen?
Bei Ägypten gibt es gar keine Probleme, da werden die Frauen auch relativ stark gefördert. Dafür aber in Libyen. Die Frauen haben von Seiten der Milizen massive Drohungen erfahren. Es wurde sogar gegen sie gepredigt, dies haben sie uns mitgeteilt. Wir hoffen sehr, dass sie kommen können und werden alles versuchen ihnen zu helfen, aber es ist sehr schwierig.
Müssen die Teams eigene Mittel aufbringen oder wie funktioniert die Finanzierung der Anreise?
Wir finanzieren das komplett. Unterstützt werden wir vom Auswärtigen Amt, der Europäischen Union und der DFB Kulturstiftung. In diesem Jahr kommt noch eine kleinere Summe vom Bundesinnenministerium hinzu. Ansonsten kommt das Geld auch aus anderen Stiftungen.
Momentan spielen 8 Mannschaften bei eurem Turnier mit. Für euch eine optimale Anzahl oder sollen es mehr werden?
Das hat sich eigentlich bewährt. Wenn man noch mehr Teams einladen würde, dauert das Turnier auch länger und dann stellt sich die Frage, wie lange sich die Spielerinnen frei nehmen können.
Eine Vergrößerung ist somit eher unrealistisch, da wir dies von unseren Kapazitäten wahrscheinlich nicht bewältigen könnten. Wir haben nur zwei halbe Stellen zur Verfügung, der Rest läuft ehrenamtlich.
Was wird neben dem Fußballturnier noch stattfinden?
Wir haben 2 1/2 Tage Workshops z.B. zum Thema mediale Selbstrepräsentation, Feminismen und Diskriminierung im Fußball, es wird Konzerte geben und wir übertragen natürlich die EM. Darüber hinaus finden Podiumsdiskussionen statt und am Vormittag gibt es ein Mädchenfußballcamp sowie einen Video-Workshop für Jugendliche.
Was ist DISCOVER FOOTBALL?
“Mit DISCOVER FOOTBALL engagieren wir uns für Gleichberechtigung, Emanzipation und Frauenrechte, dabei setzen wir Fußball gezielt als Empowerment-Strategie ein.
Über den Fußball ermöglichen wir besondere Begegnungen, zeigen starke Frauen, vernetzen Frauenfußballteams und entwickeln Gender-Kapazität im Sport.
Fußball ist dabei für uns das Bindeglied, die gemeinsame Leidenschaft, aber auch Mittel und Symbol. Mit Fußball schaffen wir es, Frauen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Lebenserfahrungen zusammenzubringen und sich trotzdem auf Augenhöhe zu begegnen.
Fußball ist Begegnung, weltweit.” (Eigendefinition des Vereins)
mehr zum Thema unter http://www.discoverfootball.de/
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